Buchungsgebühren können anfallen
Oberflächlich betrachtet ist es ein Leichtes, John Baldwin Gourley (Gesang, Gitarre) Wesley James Hubbard (Keyboard und Programming), Zachery Scott Carothers (Bass, Gesang) und Jason Wade Sechrist (Schlagzeug) als kleine Fische im Strom des Postcore-Szene abzutun. Der Name scheint so hip wie die Pelzmützen, mit denen die Band die Bühne zu entern pflegt, das Artwork kommt im Collagen-Stil der Blood Brothers. Und zu allem Überfluss auch noch Alaska! Richtig gehört, drei der vier Protagonisten wachsen in der harschen Natur des nördlichsten US-Bundesstaates auf - der Polarkreis vor der Haustür, sozusagen. Klar, da bleibt kein Auge trocken und der Hype im Blätterwald natürlich nicht aus.
Denkste? Denkste! Denn Portugal. The Man sind eben doch anders. Hervorgegangen aus der 2002 gegründeten Post Hardcore-Formation Anatomy Of A Ghost, ist für die Highschool-Kumpanen Gourley und Carothers und den dazu stoßenden Hubbard der weitere Weg kein Diskussionsgegenstand: Raus aus Wasilla, Alaska, ab nach Portland und bitte mal eben neue Musik erfinden. Eine Platte aufnehmen und auf Tour gehen? Wäre auch okay. Also macht sich der zuversichtliche Dreier auf an die Westküste.
Das Problem: Schon für die Reise geben die Mannen sprichwörtlich ihr letztes Hemd - anschließend stehen sie ohne einen Dollar im Geldsäckel auf der Straße. Anderthalb Jahre lang leben sie von der Hand in den Mund, schreiben kontinuierlich neue Songs, unermüdlich das Ziel Tonstudio vor Augen. Als Local Hero Jason Sechrist von den Hardcore-Elektronikern Konami Defense System den Posten des Percussionisten übernimmt, haben sie sich genug Kleingeld vom Mund abgespart, um endlich ihr Album einspielen zu können.
Und tatsächlich: "Waiter: 'You Vultures!'" wechselt die Genrezugehörigkeit beinahe jede Minute. Die offensichtlichen Hardcore-Einflüsse, mit deren staubigen Überresten das Quartett formidabelst zu jonglieren weiß, spülen sie mit Soul, Progressive-Elementen, Emo- Post- und tanzbarem Elektrorock einige Male gut durch, bis am Ende des Fließbandes etwas unmöglich Klassifizierbares steht. The Mars Volta in melodisch und unvertrackt, die Androgynität der Blood Brothers ohne Delirium, die Ästhetik des Hip Hop. Alles geht - und passt. Als mit Fearless Records auch noch eine Plattform für den Erstling gefunden ist, sind Portugal. The Man nach entbehrungsreichen Zeiten endlich dort, wo sie immer hinwollten. Von wegen, eine Band von vielen.
Weil Kreativität bekanntlich keinen festen Veröffentlichungsschemata folgt, ist auch 2007 wieder Portugal. The Man-Zeit. Zwei EPs, "Devil Say I, I Say AIR" und die sehr experimentelle Sequencer-Geburt "It's Complicated Being A Wizard" führen Freunde des Debüts in den Irrwald. Denn das zweite Album geht deutlich hörbar und äußerst konsequent zurück zum Rocksound der Sechzigerjahre. Jede Menge alte Gitarrenhelden geben hier eine letzte Ehrenrunde, wobei sich "Church Mouth" bei aller Retro-Haftigkeit von vergleichbaren Bands unter demselben Banner absetzt und alt und neu wiederum zu etwas in dieser Form noch nicht Dagewesenem zusammenbaut.
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WohinTippHQ 2 hours ago