Alles kann, nichts muss. Außer gut sein. The Base mauserten sich in den letzten Jahren von der größten kleinen Band Österreichs zur kleinsten Größe des heimischen Indie-Rocks. Das neue Album „Tested under extreme Conditions“ geht neue Wege. Ruhiger, kaputter und in seiner Wirkung gewaltiger. Es ist der Sound eines Traumas mit dem Text eines Dramas. The Base geben sich auf ihrem neuen Album einer der Schräglage hin. Der Opener „Born in the Devils Motel“ ist einer dieser Songs, die man nur alle paar Jahre zu hören bekommt. An Österreich denkt man dann aber so gut wie nie. Was beginnt, wie großes Hollywood-Kino klingen könnte, entwickelt sich in viereinhalb Minuten zum zerrissenen Arthouse-Western. Statt fettiger Finger an der E-Gitarre klingt alles nach harter Handarbeit. Analog statt digital holpern die Songs durch den Gehörgang. Die Farben wurden weniger, das Tempo gedrosselt: Norbert Wally (guit, voc), Albrecht Klinger (bass) und Karlheinz Miklin jr. (drums) tauschten die großen Riffs gegen reduzierte, aber wunderbare Melodien weitab der ausgetretenen Pfade. Die Songs klingen, als hätte sie ihre Jugend hinter sich gelassen. So klingt Musik, wenn sie altern würde. Wenn sie verfallen, langsamer werden und trauriger zurückblicken könnte. Doch erzählt sie Geschichten, die in ihrer Detailverliebtheit den Beweis ewiger Jugend erbringen. Alles knarzt und knirscht auf dieser Platte in einem Canon der Destruktion. Wo früher pralle Farben den Sommer machten, machen nun Schatten einen melancholischen Herbst. Was bleibt, ist eine Schlichtheit, die The Base gut zu Gesicht steht. „Waterproof Eyes“ erinnert an eine alternde Diva, immer noch wunderschön aber mit verwischtem Lippenstift. Statt Streichern mischen sich auf „Tested under extreme Conditions“ Mandolinen und singende Sägen unter die Gitarren und erzeugen eine Gänsehaut-Atmosphäre, die einen nicht mehr los lässt. Die Songs leben vom Raum zwischen den Instrumenten und vom Raum als Projektionsfläche im Kopf des Hörers. Dazu die raue und tiefe Stimme von Sänger Norbert Wally, die wie eine rostige Axt durch die Songs schneidet. Die Single „Blame it on the Moondog“ huldigt in alter Base-Tradition dem vollen Klang, der immer wieder zum verdienten Gastauftritt kommt. Auch „Everything´s weird today“ drückt aufs Tempo und kommt doch später als betrunkener Schunkler zu der Einsicht, dass Schönheit vergänglich ist. Was bleibt, ist nur das Schräge, die Unvorhersehbarkeit und die Ecken und Kanten. Melancholie zum Reinlegen. „Tested under extreme Conditions“ ist nicht perfekt. Das war es vielleicht einmal. Doch The Base entdecken Wundersames in der Destruktion ihrer Kunst. Schöner wurde selten etwas kaputt gemacht.
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Kommentare
WohinTippHQ 12 mins ago