Man darf heute nicht mehr voraussetzen, dass noch viele Menschen das autobiografische Paradestück Herwig Seeböcks, „Die große Häfenelegie“, kennen – dazu ist diese Ge-schichte schon zu lange her. Doch wäre es schade, würde sie nach dem Tode Herwig See-böcks, er starb am 28. Februar 2011 im Alter von 71 Jahren, in Vergessenheit geraten!
Wie das griechische Wort Elegie und der Wiener Dialektausdruck Häfen für Gefängnis, schon ausdrücken, ist diese Geschichte ein Klagelied über das Gefängnisleben. Bei dem Stück, das der Burgschauspieler und Regisseur Herwig Seeböck selbst an die 3000 Mal auf-führte und eindrucksvoll auf humorvolle Art und Weise die verschiedenen Charaktere der Häftlinge und der Aufseher wiedergab, handelt es sich um eine authentische Aufzeichnung seiner eigenen Erfahrungen mit der österreichischen Justiz.
Im Jahre 1964 hatte Herwig Seeböck 4 Monate Kerker in der niederösterreichischen Haft-anstalt Schwarzau abzusitzen. Ein wahrlich schweres Verbrechen war der Anlass: § 81 nach dem österreichischen Strafgesetzbuch – Öffentliche Gewalttätigkeit! Seeböck war mit seinem Schauspielerkollegen Friedrich R. von einer Zechtour auf dem Heimweg, als sie be-schlossen noch die beiden Küchenmädchen des Lokales, im 1. Stock des Hauses Cobenz-lgasse Nr. 7 zu besuchen. Die Wirtin des Lokales hielt die beiden Kavaliere für Einbrecher und rief die Polizei. Was sich danach ereignete, hörte sich, je nach Zeugenaussage, sehr unterschiedlich an. Laut der Aussage des Rayonsinspektors Wanderer hatte sich Seeböck der Verhaftung dadurch widersetzt, in dem er eine Boxerstellung eingenommen hatte. See-böck allerdings sah diese Handlung als Selbstverteidigung gegenüber den Schlägen des Wachorgans. Das Gericht glaubte dem Polizisten und verurteilte Herwig Seeböck zu „4 Mo-naten schweren Kerker, verschärft durch ein hartes Lager und einen Fasttag“.
Von diesen „vier lehreichen Monaten“ berichtet „Die große Häfenelegie“, wobei ich mir nicht so sicher bin, ob nicht Seeböck mehr über seine Gefängnisbekanntschaften klagte, als über das Gefängnisleben selbst.
Harald Pesata
Harald Pesata, Wiener Mundartdichter und Geschichtenerzähler, hat es sich zur Aufgabe gemacht, dieses Paradestück des Wiener Dialekts nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Nach Vorbild der alten Kabarettszene der 1960er Jahre, setzt er sich an einen Tisch eines kleinen Cafés oder eines Wirtshauses und stellt, wie einst Herwig Seeböck selbst, nur mit seiner Stimme und seiner Mimik die einzelnen Figuren des Gefängnisalltags von damals auf eindrucksvolle Weise dar. Als Requisiten dienen ihm lediglich eine Schirmkappe der Justiz-wache und eine Häftlingsmütze; das genügt, um gemeinsam mit dem Publikum die Zeit et-was zurückzudrehen.
Anton Böck /VWDA
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WohinTippHQ 35 mins ago