Neue Räume für das Erinnern
Am kommenden Sonntag, 25. März 2012, 11 Uhr, werden nach einjähriger Bauzeit die Landesgedächtniskapelle und die Fridolinszelle an der Basilika Rankweil eröffnet.
Rankweil. „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“, ist in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte nachzulesen. Niedergeschrieben wurde sie 1948. Geht man in der Geschichte zurück – in biblische Zeiten –, so findet man dort das Bild des Menschen, der nach Gott geschaffen ist. Und gleichzeitig ist Beginn der Menschheitsgeschichte auch die Gewalt. Kain erschlägt Abel, Menschen töten Menschen und Kriege durchziehen die Geschichtsaufzeichnungen bis in die Gegenwart.
Die Landesgedächtniskapelle, die während des vergangenen Jahres an der Basilika Rankweil gestaltet wurde, thematisiert dieses Leben und Sterben zwischen Menschenwürde, Folter, Verfolgung, Hass und Mord.
Gedächtniskapelle und Fridolinszelle, zwei Projekte, deren Reiz gerade in ihrer Unterschiedlichkeit liegt. Die Fridolinszelle, die den Stein des hl. Fridolin beherbergt, ist mit viel Hoffnung auf Gesundheit verbunden. Die neue Ausgestaltung des Raumes lässt die wohltuende Nähe des Steins auch für Menschen von heute ganz neu erfahr- und spürbar werden. Reduziert, schlicht und beinah mystisch erinnert sie an das Leben ihres Namensgebers. Der Legende nach soll der hl. Fridolin nämlich auf diesem Stein eine ganze Nacht hindurch völlig entmutigt nach seinem ersten Auftritt vor dem Gaugericht in Rankweil gekniet und gebetet haben, und zwar so inbrünstig, dass sich seine Arme und Knie in den Stein hineindrückten.
Auf ein Erinnern der anderen Art: Bereits seit 1957 beherbergte die Basilika Rankweil eine Gedächtniskapelle für alle gefallenen und vermissten Soldaten unseres Landes aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Weil dieser Kapellenraum nicht mehr dem Anspruch des veränderten Verständnisses von Gedächtnis entsprach, wurde er während des vergangenen Jahres renoviert. „Durch die Pläne von Andreas Cukrowicz und seiner Mitarbeiter vom Architektenbüro Cukrowicz-Nachbaur in Bregenz sowie durch einen Beitrag des anerkannten Künstlers Matt Mullican (USA) ist uns – so sind wir überzeugt – ein zeitgemäßes Gesamtkunstwerk gelungen, durch welches das Gedächtnis an alle jene Menschen wach gehalten wird, deren Menschenwürde unter Krieg und Gewalt gelitten haben und leiden. Wir denken auch besonders an die Opfer der Euthanasie und wir denken an die Opfer der Gewalt in den Konzentrations- und Straflager am Beispiel des Seligen Carl Lampert“, weitet Wallfahrtsseelsorger Dr. Walter Juen den Begriff des Erinnerns und Gedenkens, wie er nun in den Räumen am Liebfrauenberg neu Gestalt annimmt. Dieser Raum werde, so Juen, das historische Bauensemble der Basilika Rankweil bereichern, weil er nicht nur die vielfältigen Verwundungen der Menschheitsgeschichte sichtbar macht, sondern auch die Zeichen der Hoffnung.
Die Hoffnung nimmt beispielsweise als Lichtstrahl Form an, der zum Zeitpunkt der Sonnenwende durch einen Schacht in der Mauer der Basilika die Gedächtniskapelle erhellen wird. Er erinnert an das fahle Licht, das durch so viele Kerkerfenster fiel und den Gefangenen vom Leben draußen erzählte. Er erinnert aber auch an das Licht, das auf die Erinnerung fällt und ein ehrliches, ungeschöntes und manchmal auch schmerzliches Gedenken ermöglicht.
Ihm gegenüber steht das Wasser, das die vielen Tränen fasst. Es sind die Tränen der Verfolgten und der Hinterbliebenen gleichermaßen und gleichzeitig sind Wasser und Licht doch auch nichts anderes als Zeichen des Lebens, das geprägt ist von den Erfahrungen der Vergangenheit, die in Gegenwart und Zukunft weiterwirken.
Die Landesgedächtniskapelle will ein Ort des Erinnerns, des Gedenkens sein. Ein Erinnern an menschliches Leid quer durch alle Zeiten, das sich eng an die Hoffnung bindet, aus der Vergangenheit eine menschliche Zukunft gestalten zu können.
Wir freuen uns, zum Festakt anlässlich der Eröffnung der neu gestalteten Landesgedächtniskapelle und Fridolinszelle einzuladen.
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Kommentare
WohinTippHQ 30 mins ago