Sind wir sexuell so befreit wie wir wünschen? In Ulrike Lienbachers Ausstellung Interieurs, Modelle bei Krinzinger Schottenfeldgasse ist Sex – neben Sport – ein zentrales Thema. Der Körper als Folie, auf dem sich gesellschaftliche Phänomene machtvoll abbilden, ist eine der Grundannahmen für Lienbachers Werk, das sich aus Zeichnungen, Objekten, installativen Arrangements, Fotografie und Videos aufbaut. Die Ausstellung findet im Rahmen der Reihe curated by_Vienna 2012 statt und wird von Katya García-Antón kuratiert.
Komponenten wie Körperdisziplin, Körperbeherrschung, Leistungsdruck und Konkurrenz, die insbesondere für den Sportbereich geltend gemacht werden können und das Wirtschaftsleben prägen, sieht Lienbacher auch auf die Sexualität übertragbar: „Sexualität ist nicht nur der Bereich der Freiheit und der Entgrenzung, sondern auch eine Bühne für Rollenspiele, deren Dramaturgie wir selten alleine schreiben.“ Darauf spielt auch die Arbeit Vorlagen (2012) an. In einem Block von neun Zeichnungen führt Ulrike Lienbacher modellhaft verschiedene Stellungen beim Geschlechtsakt vor. Durch die kompakte Anordnung der einzelnen Blätter erhalten die Darstellungen etwas Serielles und wirken wie Übungen. Die Fotoarbeit Interieurs (2012) bildet repräsentative Innenräume bürgerlicher Wohnungen ab. Zwischen gediegenem Mobiliar hängen, gerahmt wie Kunstwerke, sexuell explizite Fotografien. „Diese Bilder sind so allgegenwärtig wie nie zuvor in der Geschichte, jeder hat sie im Kopf, und trotzdem scheint das Sexuelle unkonkreter und tabuisierter zu sein denn je. Mich hat interessiert, das Heimliche und Phantasierte wie etwas Selbstverständliches ganz offen zu zeigen.“ In der Foto-Serie Nippes (2012) geht es um die wechselnden, austauschbaren Oberflächen, um den Objektstatus des Körpers, der dem begehrlichen Blick ausgeliefert ist. Statt des menschlichen Körpers sind es nun raffiniert beleuchtete Gebilde aus Glas, die durch ihre Formen verführerisch und sexuell aufgeladen erscheinen.
Ebenfalls eigens für diese Ausstellung hat Lienbacher neue Skulpturen geschaffen, eine Reihe von ornamental gedrechselten Säulen aus Holz. Als dünne Körper in die Ausstellungsräume plaziert sind sie gleichermaßen ein Architektur- wie ein Möbelzitat. Horizontal und vertikal installiert bilden sie eine Referenz an Sportgeräte oder
erscheinen wie seltsame Gogotanzstangen. In der Videoarbeit Lauf (2010) sehen wir ein Zwillingspaar, das auf einem Sportplatz seine Trainingsrunden läuft. Durch die optische Ähnlichkeit und die vollkommene Harmonie im Laufstil wirkt die eine wie der Schatten der anderen. Nur manchmal treten die Schwestern in einen kurzen Wettstreit, bis sie sich wieder in einen synchronen Lauf einfinden – wie gefangen in einem Wettkampf mit sich selbst.
Die Zeichnungen von präzise auf den klaren Umriss reduzierten, fragmentarisch verknappten und entindividualisierten Körpern sind ein zentraler Teil in Lienbachers Ausstellungskonzeption. In der großformatigen Arbeit geht es Lienbacher um die Idee des sozialen Raumes. Wie in einer spielerischen Anordnung zeigt sie ein Netz von Verbindungen, das aus Einzelindividuen Gesellschaft formt.
Möchten Sie sich für unseren wöchentlichen Newsletter mit Veranstaltungstipps in Ihrer Umgebung, Gewinnspielen u.v.m. anmelden?
Nein danke, ich bin bereits Wohintipp-Mitglied (oder möchte nicht beitreten)
E-Mail Adresse eingeben, Anmelde-Button drücken und los geht’s
Bitte akzeptieren Sie erst unsere Nutzungsbedingungen.
Wollen Sie einen Kommentar hinterlassen?
Registrieren Sie sich (gratis!) bei Wohintipp.at oder loggen Sie sich ein
Kommentare
WohinTippHQ 2 hours ago