Ortswechsel hat er viele hinter sich, der Erzähler im neuen autobiographischen Roman von Vladimir Vertlib. Als Kind emigrierte er aus Leningrad nach Israel, ein Land, das für seinen Vater, der im zionistischen Untergrund aktiv war, zu einer bitteren Enttäuschung wurde. Es folgte eine lange Kette von Emigrationen nach Italien, in die Niederlande, die USA und wiederholt sowie schlussendlich nach Österreich. Die Freundschaft des Vaters mit Schimon, seinem einst engsten Verbündeten, brach dabei jäh ab. Weshalb kam es nie zu einer Aussprache?
Der Vater ist tot. Nach mehr als dreißig Jahren kehrt der Erzähler auf einer Lesereise an Orte seiner Kindheit in Israel zurück, die schmerzhafte Erinnerungen wach rufen, und begegnet schließlich auch Schimon. Die Reise wird für den Schriftsteller, Vertlibs Alter Ego, zu einer dramatischen Auseinandersetzung mit sich selbst.
Zwischen die Diskussionen mit Verwandten und Freunden schieben sich Erinnerungen aus dem Österreich der 1980er Jahre, in denen er als Student die Waldheim-Affäre und unverhüllte Fremdenfeindlichkeit erlebt hat. Er wird in Israel mit seinen eigenen brüchigen Identitäten als russischer Jude, Österreicher und Emigrant konfrontiert. Vladimir Vertlib beweist in seinem neuen Roman „Schimons Schweigen“, der an seinen Roman „Zwischenstationen“ (1999) anschließt, erneut seine Kunst der feinen, jedoch scharfsinnigen Ironie.
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WohinTippHQ 2 hours ago