In den 70-er Jahren des vorigen Jahrhunderts kam die feministische Kunst auf die Bildfläche und die Frauen-Künstlerinnen konnten das erste Mal ungeniert über sich selbst sprechen. Sie begannen ihre Sexualität und verdrängten Emotionen zu entdecken.
Fortsetzerin dieser Ideen ist die sehr junge, polnische Künstlerin Agata Kus, deren Ausstellung unter dem Titel „Vorsicht bissige Hündin“ in der Galerie Sandhofer präsentiert wird. Wir haben es hier jedoch nicht mit einer passiven Wiederholung der 70-er Jahre Thematik zu tun. Kus entwickelte eine individuelle und komplexe künstlerische Sprache und operiert mittels Symbolen und Metaphern, mit deren Hilfe sie die Verletzungen der zeitgenössischen Mädchen und Frauen analysiert.
Der Konflikt mit der Mutter, der Freud´sche Komplex des Mangels des Penis, die Leugnung der eigenen Sexualität, Freizügigkeit, Abneigung gegenüber dem Kinderwunsch sind nur ein Teil der schwierigen Emotionen, welchen Kus ihre Aufmerksamkeit schenkt.
Fasziniert von den Konzepten der Psychodynamik solcher Psychologen wie u.a. Melanie Klein, Hanna Segal und Karen Horney schöpft die Künstlerin ihre Inspiration auch aus Märchen. Ihre symbolische Sprache scheint am besten geeignet um die Komplexität der Gefühle, die mit der Reifung und danach mit der schwierigen Verwandlung vom unschuldigen Kind zur befreiten und selbstbestimmenden Frau wieder zu geben. Deshalb erscheinen auf vielen Leinwänden von Kus neben kleinen Mädchen Rehe, Hunde, Füchse und Wölfinnen.
Die Künstlerin provoziert mit Umgangssprachlichem um die gemalten Szenen zu ergänzen. Die Frauen aus ihren Bildern sind „Hündinnen“. Es gibt für sie keine Barmherzigkeit. „Sie sind als Mütter nicht geeignet“ also verdienen sie die Verachtung. Sie sind emanzipiert also nicht anständig, „Hündinnen“, „Schlampen“!
Die Künstlerin zitiert Slogans, die wir jeden Tag auf der Straße, im Autobus, im Kaffee hören. Dieses verächtliche, frauenfeindliche Vokabular erinnert an die Zimtläden von Bruno Schulz, für welchen die Frauen nur verführerisches „Fleisch“ waren.
Die Werke von Agata Kus sind äußerst reif und zutiefst bewegend. Sie machen einem bewusst wie etablierte kulturelle und soziale Codes der Grund für die innere Zerrissenheit von Mädchen und Frauen sind. Denn trotz der Emanzipation und Gleichberechtigung von Frauen, balancieren sie weiterhin auf einem schmalen Grat zwischen dem was sich für sie gehört, und dem was aus ihnen „Hündinnen“ macht. Die patriarchalische Gesellschaft stellt an sie sich gegenseitig ausschließende Anforderungen, dessen Konsequenz ist, dass die Frauen ihre Weiblichkeit nur lange und mühsam entdecken.
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WohinTippHQ 28 mins ago