Juliette Gréco, am 7.2.1927 im französischen Montpellier geboren, verkörpert perfekt die intellektuelle Nachkriegsgeneration Frankreichs. “Muse der Existenzialisten” wurde sie gerne genannt oder auch “Schwarze Rose von St. Germain”, weil sie schwarze Rollkragenpullover, enge Hosen und schwarze Etuikleider populär machte – zudem mit dunkler Stimme Melancholisches entäußerte. Ihre problematische Kindheit im Krieg, Mutter und Schwester wurden ins KZ Ravensbrück deportiert und überlebten nur knapp, dürfte maßgeblich dafür verantwortlich sein, dass die Gréco ihr Leben lang der Schwermut williges Opfer war. Was ihre Kunst beförderte, ihrem Privatleben aber eher nicht bekam.Kurz nach dem Krieg eröffnete sie gemeinsam mit einer Freundin das schnell Legendenstatus aufbauende Kellerlokal “Tabou” in der Rue Dauphine, das Stammgäste wie Marlene Dietrich, Jean-Paul Sartre und Orson Welles anlockte. Boris Vian musizierte dort, Schriftsteller wie Raymond Queneau und Albert Camus kamen im Dunkel des Tabou ins Grübeln. Gréco debütierte 1947 als Sängerin im eigenen Lokal. In der Folge ließ sie sich ihre Chansons von Intellektuellen und Poeten wie Queneau und Jacques Prévert schreiben. Die Grenzen zwischen Freundschaft und Affäre waren fließend. 1957 verliebte sich Jazztrompeter Miles Davis, der für einige Zeit in Paris war um den Soundtrack für Louis Malles „Fahrstuhl zum Schafott“ einzuspielen, in die unergründliche Chansonsängerin. Er sprach kein Wort Französisch, sie keines Englisch... Nur freundschaftlich verlief ihre Bekanntschaft mit Jean Cocteau, in dessen Film „Orphée“ sie 1950 erfolgreich agierte. Daneben spielte sie Theater und machte eine Poesie-Sendung im Radio. Schon früh ermunterte sie den kreativen Nachwuchs, gab damals jungen Männern wie Serge Gainsbourg und Leo Ferré den Auftrag Lieder für sie zu schreiben. Grécos Gesangsvortrag vor Publikum war von jeher von sparsamsten Bewegungen geprägt, alle Konzentration gilt den Nuancen des Wehen in ihrer rauen Stimme. Die zwischen 1967 und 1977 mit dem Schauspieler Michel Picccoli verheirate Chansongöttin, frisierte für Fotografen gerne auch mal einen Geparden in ihrer Badewanne, wenn sie nicht gerade Texte von Apollinaire oder von Sartre (etwa „Rue des blancs manteaux“) musikalisierte. Im Film imponierte ihre aparte Erscheinung. Mit ihrer Rolle in „Bonjour Tristesse“ (nach Francoise Sagans Bestseller) eroberte sie 1958 das internationale Kinopublikum großflächig. Später, in den sechziger Jahren, wurde sie durch die TV-Serie „Belphegór“ noch breiterem Publikum bekannt. Jujube – so ihr Spitznamen – nahm bis zum heutigen Tage an die 50 Chansonsalben randvoll mit Poesie und Gesellschaftskritik auf. 2006 erfreute das angenehm nostalgische „Le Temps D´Une Chanson“. Auf dieser kurz vor ihrem 80. Geburtstag fertig gestellten berührenden Liedersammlung mit großem Jazzorchester solieren so bekannte Instrumentalisten wie der bereits verstorbene Saxofonist Michael Brecker, der Trompeter Wallace Roney sowie der Saxofonist Joe Lovano. Gil Goldstein sorgte für die zarten Arrangements. Grécos Ehemann Nummer 3, der Pianist Gérard Jouannest spielt Klavier. Und die Gréco zauberte sich mit ihrem attraktiv aufgerauten Organ zärtlich in die Vergangenheit, interpretiert aufs Innigste legendäre Lieder wie „Avec Le Temps“, „La Chanson De Prévert“, „Volare“ und La Folle Complainte“ Dieser Moment der Rückschau sei ihr gegönnt, überraschte sie doch vor wenigen Jahren mit dem Album "Aimez-vous les uns les autres ou bien disparaissez" ... ("Liebt euch oder verschwindet"):, auf dem sie Tradition und Moderne perfekt verband. Jungstars wie Benjamin Biolay, Miossec und Marie Nimier kollaborierten da höchst harmonisch mit der Grande Dame des französischen Chansons.Das 2009 veröffentlichte "Je Me Souviens De Tout" wurde ein perfektes Album, das die Grande Dame mit der Jugend verbindet. Gérard Jouanest schrieb die Musik und Youngsters von Oliva Ruiz über Christophe Miossec bis hin zu Abd Al Malik schrieben die Texte. Anders als zuletzt verharrt Gréco diesmal in sehr kargen Arrangements, die ihre Stimme – egal ob in zärtlichen oder kriegerischen Passagen – besonders intensiv klingen lassen. 2012 folgte das Studioalbum "Ça se traverse et c’est beau", 2013 legte die französische Grande Dame ihr aktuellstes Album "Gréco chante Brel" nach.
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WohinTippHQ 2 hours ago