"Eigentlich sollte es bei dir keine Armen geben" (Dtn 15,4). Zur Herausforderung der Armut in der jüdischen Traditionsliteratur
Vortrag von Prof. Dr. Gerhard Langer (Wien)
Schon in den biblischen Texten, vor allem im Deuteronomium, wird die Bekämpfung der Armut innerhalb Israels groß geschrieben. Eigentlich, so die eher utopische These, sollte es keine Armen geben. Die Sozialgesetzgebung war bemüht, Armut zu lindern und Überleben zu sichern. Zinsverbot und Sabbatjahr mit absolutem Schuldenerlass sollten für Gerechtigkeit in der Gesellschaft sorgen. Die rabbinische Tradition hat darauf aufgebaut. Viele Beispiele belegen die eindringliche Sorge um tsedaqa, die gleichbedeutend mit Sozialhilfe wird. Armut war dennoch Realität, der sich die Gesellschaft immer wieder stellen musste. Gleichzeitig findet man eine Tendenz, Armut auch als eine Lebensform zu beschreiben, die nicht negativ konnotiert ist. Die Seligsprechung der Armen im Matthäusevangelium lässt ebenfalls auf eine gesellschaftliche Größe schließen, die von realer Armut zwar nicht unabhängig zu denken ist, wohl aber mehr zum Ausdruck bringt, ein gewisses Bekenntnis zur Bescheidenheit und Demut darstellt. Der neuzeitliche Luftmensch Osteuropas hat vielleicht eine ähnliche Funktion. Viele rabbinische Stellen warnen jedenfalls vor den Gefahren des Reichtums und plädieren für einen absoluten Vorrang des Lernens vor dem Geschäftemachen.
Ein öffentlicher Vortrag im Rahmen der Sommeruniversität für jüdische Studien Hohenems zum Thema: "Arme Juden! Über den Umgang mit Not", 28. Juni - 3. Juli 2015
Mehr Information: http://www.jm-hohenems.at/programm/sommeruniversitat/
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WohinTippHQ 21 mins ago