Es war bisher schon grundsätzlich nicht möglich Heimo Zobernig einer bestimmten künstlerischen Kategorie zuzuordnen. Weil er sie alle beschritten und im selben Zug unterminiert hat: Zobernig hat sie auf den Kopf gestellt, sie postuliert und zugleich in Frage gestellt. Grenzen hat er negiert, Hierarchien missachtet. Selbst den eigenen Künstlerstatus ließ er nicht unangetastet, seinen Katalog (mumok 2003) betitelte er mit „Austelung Katerlog“. Seine Kunst hat er stets mit konsequenter Ernsthaftigkeit betrieben, dabei reflexiv mit subtilem Humor unterlaufen, was nicht immer verstanden worden ist. Und selbst das scheint sein Kalkül zu sein.
Zobernigs Strategie ist der Diskurs, wobei der Gegenstand des Diskurses oft das eigene Werk ist, mit der Ambivalenz, dass die Ausstellung immer auch das Werk ist.
In diesem Kontext ist die exklusive Konzentration auf reine Malerei nur scheinbar überraschend. Zobernig durchkreuzt erneut herkömmliche Festschreibungen seiner künstlerischen Position durch antithetische Demonstration.
Die dezidiert malerische Werkgruppe umreißt eine prinzipielle Problematik. Monochromie, geometrische Abstraktion und die konkrete Variante des Tafelbildes sind in Zobernigs Oeuvre erschöpfend durchexerziert, der Bildcharakter von Schrift, die Thematik von Wiederholung und Nichtwiederholbarkeit erprobt und ausgereizt. Nun ist der gestische Ausdruck in Szene gesetzt. – Hat Zobernig die Romantik eingeholt ?
Bizarre Spachtelspuren in schriller (Leucht-) Farbigkeit erregen die Aufmerksamkeit. Der Bezug auf das Raster der frühen Jahre ist spürbar, doch vom Gestus massiv infiltriert.
Die Bilder zeugen von einem spielerischen Verhältnis zur Kunstgeschichte der Malerei wie zu den vermeintlich polaren Komponenten von Figuration und Abstraktion. Die Erscheinung ist ambivalent, nicht rein abstrakt, aber auch nicht gegenständlich, sie ruft beides auf ohne sich kategorisieren zu lassen. Figur und Grund sind als Kompositionsprinzipien aufgehoben: Der malerische Prozess determiniert als komplexes Bildgeschehen das Bild.
Mit Tape abgeklebte Rasterlinien liefern ein Grundgerüst, dessen Struktur durch den gestischen Farbauftrag gebrochen wird. Farbschichten, klare und kurvige Linien und Schleifen sind miteinander dicht verwoben. Durch das sukzessive Abnehmen von Klebestreifen ist tiefer Liegendes wieder hervor getreten. Zeitliche Ebenen des Entstehungsprozesses sind simultan sichtbar. Die Verdichtung der einzelnen bildkonstituierenden Elemente und malerischen Dispositionen resultiert in sehr subjektiven Konfigurationen. Diese liefern bei aller markierten Spontaneität ein sehr kontrolliertes Erscheinungsbild und bestimmen als sichtlich Gemaltes die exzentrische Gestalt.
Die Materialität des Bildes und der Bildorganisation wird konkret, das Künstliche des Status „Bild“ affirmativ betont. Zobernigs gegenwärtige Gemälde sind eine ästhetische Behauptung. Eine neue Komplexität tritt in Erscheinung, voller Brüche und Diskontinuitäten. Das Ordnungsprinzip ist die Anarchie, jede Setzung ist heterogen und wieder neu. Seinen ursprünglichen Intentionen hält Zobernig jedoch unerschütterlich die Treue.
Die gegenwärtig in der Galerie Meyer Kainer präsentierten Gemälde waren von 20.11.2014 bis 15.2.2015 in der Kestnergesellschaft, Hannover zu sehen. Im zugehörigen Ausstellungskatalog ist ein bemerkenswerter und erhellender Text von Henri Dietz erschienen.
(Margareta Sandhofer)
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Kommentare
WohinTippHQ 26 mins ago