Kann Musik ein Friedensvermittler sein? Ja, das ist möglich – das Festival „Musica Sacra“ beweist es.Mit „Frieden und Glauben“ hat es in diesem Jahr einen Programmschwerpunkt gewählt, der angesichts der großen politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit besonderes Gewicht hat.Während unsere materiell orientierte Welt auf einen Höhepunkt ihrer Existenzkrise zusteuert, nimmt die Bedeutung von Spiritualität und Gottesbewusstsein, der Basis für inneren und äußeren Frieden, zu – und es ist besonders die Kunst und ihre unsere Seele berührende Sprache, die uns zum Innehalten einlädt.Von Bachs h-moll-Messe über barocke geistliche Lieder, Kantaten und Kammermusik am prachtvollen Wiener Hof bis hin zur Uraufführung eines Musik-Tanz-Theater-Projekts über das Thema „Toleranz und Kommunikation“ und Leonard Bernsteins mitreißendem Chorwerk „Chichester Psalms“ spannt sich der Bogen der Abendkonzerte, die wie jedes Jahr im Dom zu St. Pölten und in den Stiftskirchen Lilienfeld und Herzogenburg stattfinden.Die Musik in den morgendlichen Gottesdiensten rundet diesen erhabenen spirituellen Aspekt unseres Seins mit liturgischen Werken von Franz Schubert, Wolfgang Amadeus Mozart und dem österreichischen Komponisten und Organisten Karl-Bernhardin Kropf ab.Konzerte:Sonntag, 11. September, 18.00 UhrDom zu St. PöltenJ. S. Bach: Messe h-moll, BWV 232cappella nova GrazDomkantorei St. PöltenL’Orfeo BarockorchesterMiriam Feuersinger, SopranMartina Daxböck, SopranHilary Summers, AltDaniel Johannsen, TenorLukas Kargl, BassOtto Kargl, LeitungJohann Sebastian Bachs h-moll-Messe am Beginn des Festivals vermittelt eine ganz besondere Botschaft: Ein friedliches Zusammenleben ohne die Überwindung unserer eigenen inneren Abgrenzungen ist nicht möglich – und das gilt für jeden Menschen, ungeachtet seiner Herkunft, seiner Kultur, seiner Religion: denn Spiritualität ist individuell. Bach hatte eben diesen Aspekt vor Augen, als er sich für eine lateinische – also katholische – Messe entschieden hatte: Selbst evangelisch und mitten in einem lutherisch geprägten Umfeld lebend, wollte er mit dieser Komposition die Spaltung der beiden christlichen Hauptkirchen überwinden. Seine Überzeugung, der Glaube stehe über den Religionen und die Kirchenspaltung sei damit ohne Bedeutung, hat gerade in unserer Zeit, in der wir oft Ängste entwickeln, weil wir immer mehr mit Menschen auch nicht-christlicher Religionen in Verbindung kommen, einen ganz besonders starken Stellenwert: die Betonung der Gemeinsamkeit aller Menschen aller Glaubensrichtungen. Spiritualität ist grenzenlos, und in ihr sind alle Menschen miteinander verbunden.Samstag, 17. September, 19.30 UhrDom zu St. PöltenRenald Deppe:„artfremd_fremdArt : eigenArt_arteigen (UA)“Renald Deppe & die Capella con Durezzakompanie vonnunanRenald Deppes Werk, eine Schnittstelle von Komposition, Konzeption und Improvisation, widmet sich anhand verschiedener Texte, unterschiedlich gearbeiteter Spielanweisungen und akustischer Visualisierungen der Kommunikation mit unserer Umwelt – und ihrer Zerbrechlichkeit durch Unverständnis. „Sprache, Klang, Bewegung und Tanz verorten vielgestaltige Kommunikationstrukturen, welche zur Bewältigung eines verantworteten Miteinanders dringend notwendig sind. Zeitigt doch das oftmals erbarmungslose Auf- und Gegeneinander so vieler Zeit-, Leid- und Streitgenossen nur Elend, Not und Tod.“ (Renald Deppe)Samstag, 24. September, 19.30 UhrStiftskirche Herzogenburg„Sein Fried ist mit euch, liebe Seelen“Werke von Böhm, Telemann und BachDe Profundis:Peter Kooij, BassMargot Oitzinger, AltBasso ContinuoIn diesem Konzert dreht sich alles um den Frieden. Frieden, den wir Menschen dringend benötigen: So wie Krieg, Gewalt, Zwietracht leider zu unserem Menschsein gehören, so ist auch der tiefe Wunsch nach dauerhaftem Frieden in uns immanent. In der Welt draußen ebenso wie in uns selbst. Immer sind wir auf der Suche – aber wo finden wir Frieden und Rückhalt, wo können wir uns fallen lassen, in dem Wissen, dass alles gut ist? in der Spiritualität, in Gott. Und in der Stiftskirche Herzogenburg, an eben diesem Konzertabend mit geistlichen Liedern und Kantaten von Böhm, Telemann und Bach, in denen sich Gott selbst an den Menschen wendet. So erklingt es in Bachs Kantate: „ER selber spricht zu mir: Der Friede sei mit Dir“.Samstag, 1. Oktober, 19.30 UhrStiftskirche Lilienfeld„Musik am Wiener Hof“Werke von Fux, Biber, Caldara, Schmelzer und Joseph I. CapellaImperialis WienMarelize Gerber, SopranWien um 1700. Kaiser Leopold I., hochgebildeter Regent mit mehr Interesse für Kultur als für Politik, hatte große Summen in den Ausbau seiner Hofkapelle und die Anstellung der besten und europaweit renommiertesten Künstler investiert; und sein Sohn Joseph I. führte sein Erbe mit Begeisterung fort: Wie sein Vater war er ein ausgezeichneter Komponist und Instrumentalist, darüber hinaus vielfältig gebildet, der Aufklärung zugewandt und ein versierter Politiker und Feldherr. Leopolds und Josephs Herrschaft machten die Hofkapelle zu einem Fixpunkt in Europa, weithin bekannt, und das auch über den frühen Tod Josephs hinaus. Das Konzert präsentiert Werke aus der Zeit um 1700 von den bekanntesten Komponisten und Hofkapellmeistern der Wiener Hofkapelle.Sonntag, 9. Oktober, 18.00 UhrDom zu St. PöltenLeonard Bernstein: „Chichester Psalms“A cappella chor Tulln & Wiener ChoralscholaMathias Loibner, Live ElektronikJohannes Zeinler, OrgelGottfried Zawichowski, LeitungZurück gehend auf die 400 Jahre alte Festspieltradition der südenglischen Stadt Chichester findet jeden Sommer wechselweise an den Kathedralen von Chichester, Salisbury und Winchester das Kirchenmusikfestival „Southern Cathedrals Festival“ statt, für das sich die drei Chöre der Kathedralen miteinander verbinden, um gemeinsam große geistliche Chorwerke aufzuführen. Für diese Sommerfestspiele hat Leonard Bernstein 1965 die „Chichester Psalms“ in hebräischer Sprache geschrieben. Wer Bernstein je selbst erlebt hat, der weiß, welche Innigkeit, Lebendigkeit und Liebe zur jüdischen Religion und zu den Menschen dieses großartige Werk ausstrahlt, das in diesem Konzert in einer selten aufgeführten Kammermusik-Fassung erklingt. „Siehe, wie gut und angenehm es ist, wenn Brüder leben zusammen in Eintracht“: so endet die Komposition – ein wirklich erhabener und die Seele berührender Ausklang des Festivals „Musica Sacra“.
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Kommentare
WohinTippHQ 51 mins ago