Diese Veranstaltung ist schon vorbei
Gestaltungshysterie - Bernhard Buhmann

Wann:

Do 10. Mär 2016, 15:00–19:00
Fr 11. Mär 2016, 15:00–19:00
Sa 12. Mär 2016, 16:00–19:00
Mi 16. Mär 2016, 15:00–19:00
Sa 19. Mär 2016, 16:00–19:00

Wo: Galerie Lisi Hämmerle, Anton-Schneiderstraße 4a, Bregenz

Altersbeschränkung: Alle Altersklassen

Ticket-Information:

  • Eintritt: Kostenlos

Eingetragen von: lisiel09

In die Ausstellung hat Buhmann die aktuell erst heuer fertiggestellte Figur Nr. 29 eingebracht und als Einzelbild an die Stirnwand der Galerie gehängt. Ihm zur Seite gestellt sind 13 abstrakte Bilder im Format 57 x 42 cm. Während die abstrakten Bilder mit „untitled“ bezeichnet sind, hat der Künstler das Bild Fig. 29 mit dem Zusatz “David“ versehen. Und es ist nur unschwer zu erraten, wen Buhmann damit gemeint haben könnte, nämlich David Bowie – jene vor knapp einem Monat verstorbene schillernde Figur der Popmusik, die nicht nur als Musiker, sondern auch als Produzent, Schauspieler und Maler Musik- und auch Kunstgeschichte geschrieben hat. Bowie ist der Verwandlungskünstler schlechthin gewesen, ständig auf der Suche nach neuen Rollen und Figuren, in die er schlüpfte und sich somit ständig neu er- und gefunden hat.
David bzw. Bowie tritt uns im Gemälde als Harlekin entgegen. Von ihm konkret erkennbar sind nur wenige Körperteile: ein Arm, zwei in unterschiedlicher Farbgebung bekleidet Beine sowie die Hälfte eines weißge-schminkten Gesichtes, das über einer übermächtigen Halskrause sitzt und von einem großen geschwungenen Hut bedeckt wird – der Rest des Körpers ist eingebettet in ein variationsreiches Spiel von unterschiedlichen Farbflächen in das die Figur nahtlos übergeht. Der Harlekin ist, wie ein Blick in seine Herkunft und Geschichte zeigt, eine Bühnenfigur, die mit der Commedia dell‘arte in Verbindung gebracht wird. Er ist, wie die mythologische Figur des Tricksters, zu der Parallelen bestehen, eine stark ambivalente Figur und als solche, ein Repräsentant der Vieldeutigkeit des Lebens. Ich denke, dass diese Mehrdeutigkeit und Vielschichtigkeit sowohl der Kunstauffassung als auch dem Denken von Bernhard Buhmann sehr entgegen kommt.
Denn hier kommt nun der Titel der Ausstellung, nämlich „Gestaltungshysterie“, ins Spiel. Nach gegenwärtiger Auffassung ist ein gemeinsames Merkmal aller Erscheinungsbilder der Hysterie, dass die/der Betroffene sich unbewusst als etwas anderes darstellt als sie/er tatsächlich ist. Diese veränderte unbewusste Selbstdarstellung wird psychoanalytisch als der Versuch einer Scheinlösung eines innerseelischen Konfliktes betrachtet. Aber was ist nun unter dem Begriff „Gestaltungshysterie“ zu verstehen? Ein Begriff, den es so nicht gibt und nach dem man auch in den Weiten des Internet vergeblich sucht – und der, so vermute ich, eine Erfindung des Künstlers ist. Ist darunter die Verlagerung und Übertragung des gerade erwähnten „innerseelischen Konfliktes“ in den Kunst- aber auch gesellschaftlichen Bereich gemeint? Nun, ich denke schon – und hoffe, dass Bernhard Buhmann mit dieser Interpretation einverstanden ist. Denn, wenn Figuren, Individuen und Personen ständig nahtlos in abstrakte, geometrische Formen übergehen und umgekehrt aus einfachen geometrischen Teilen ständig neue Figuren und Formen entstehen, so hat das zum einem mit dem Bedürfnis nach individueller Gestaltung und Komposition zu tun, zeigt zum anderen – gleichsam als die Kehrseite der Medaille –, auch das unsere Gesellschaft beherrschende und beinahe als krankhaft zu bezeichnende Streben nach Selbstdarstellung, Inszenierung und ständiger Neu-Konzeptionierung, die Identitäten aushöhlt und das Eigene zur auswechselbaren Form erstarren lässt: „Die Gestaltungshysterie ergreift das Individuum selbst“, so Bernhard Buhmann: „Dem Protagonisten im Hauptbild rücken die eigenen Möglichkeiten zu leibe, sie drängen ihn geradezu aus dem Bild.“ Ihm gleichsam erörternd zur Seite hat er daher 13 abstrakte Bilder im Mittelformat gestellt. Diese spinnen „den Faden weiter“ und stellen „die Form als Grundprinzip des Andersseins, der Veränderung in den Mittelpunkt.“ „ Es bleibt“, um abschließend den Künstler nochmals zu zitieren, „kein Stein auf dem anderen.“
Günther Dankl