Wenn ich deine Seele kenne, male ich deine Augen” soll Amedeo Modigliani gesagt haben, als er das erste Portrait seiner geliebten Jeanne Hébuterne schuf. Diese Worte bestätigte er allerdings in seinen Werken, indem er Personen mit verschwommenem, undeutlichem Blick porträtierte. Das Fehlen der Augen ist ein abgedeckter Spiegel der Seele; und das Fehlen des Gesichts?
Die von Hanna Ilczyszyn kreierten Gestalten zeichnen sich nicht nur durch das Fehlen der Iris aus. Das Fehlen des ganzen Gesichtes wirft die Frage auf: Wie kann man dann einer Person auf der Leinwand Ausdruck verleihen, wie soll man sie personifizieren ohne die markanteste physische Eigenschaften zur Verfügung zu haben? Die Künstlerin greift in ihren Werken auf verschiedene Ausdrucksmittel zurück, zeigt uns den Weg: von der visuellen Welt zu der Welt der Vorstellung und Träume.
Mit ihren Werken, die sie in der Galerie Sandhofer präsentiert, unterstützt sie wie auch der Anthropozentrismus, die Aussage „Der Mensch ist das Maß aller Dinge”. Im Zentrum ihres Interesses ist immer eine Person mit ihren Emotionen, Ängsten und Schmerzen. Denn diese Kunst ist weder leicht noch angenehm für den Betrachter. Sie zwingt zu deduktivem Denken, dazu in sich selbst zu gehen.
Die Helden der Leinwände sind gewöhnliche Kinder – Nicht-Kinder, oft mit dem Rücken zum Betrachter, mit gesenktem Kopf, in einer Haltung der Resignation. Sie nehmen Posen ein, die Traurigkeit, Ernsthaftigkeit und eine nicht kindgerechte Zurückhaltung ausdrücken. Hinter den Haaren, Pflanzen oder Farbflecken versteckte Kindergesichter wecken im Betrachter ein seltsames Gefühl, wie aus einem surrealen Horror. Oder vielleicht aus einem Traum?
Inspiration holt sich Ilczyszyn von Fotografien, die den Menschen in den Vordergrund stellen. Ob das ein altes Familienfoto ist, ein in einer konkreten Szene angehaltener Film, oder ein Bild im Internet – alle müssen sie, auch wenn manchmal mit einem kleinen Detail oder der Mimik der Gestalt, ihre Aufmerksamkeit fesseln können.
Unsere eigenen Fotos, die unsere Erinnerungen zurück rufen, betrachten wir als Darstellung unserer Persönlichkeit aus jener Zeit. Diese Momentaufnahmen aus der Vergangenheit, ähnlich wie Schlaf oder Wachträume, beginnen mit der Zeit zu verblassen und die Einzelheiten geraten in Vergessenheit. Ebenso sind die Gestalten der „kleinen Erwachsenen” unklar, manchmal unbeendet und ohne ausgeprägte Gesichtszüge. Die große Ausdruckskraft liegt daher in ihrer Pose, der unbestimmten Ebene mit definierten charakteristischen Elementen und dem situativen Kontext. Manchmal erscheinen sie aus der Dunkelheit, manchmal blicken sie in den regnerischen Himmel, oft auf einem Sessel oder Ast eines Baumes sitzend. Jedoch rufen sie immer ein eigenartiges Gefühl der Unruhe hervor, zwingen zur Überlegung: Was rief diese Emotion hervor, was geschah zuvor und was geschieht als nächstes?
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WohinTippHQ 42 mins ago