Es ist die wohl berühmteste Familienfehde der abendländischen Literatur, von der sich Angelin Preljocaj für sein bis heute ebenfalls berühmtestes Ballett inspirieren ließ. Aus Capulet vs. Montague wird bei Preljocaj militärische Oberschicht vs. notleidende Einwanderer und damit ein beispielloser Klassenkampf, der den gesellschaftlichen Konflikt zwischen Arm und Reich aufwühlend und beklemmend schön auf die Bühne bringt. Eine unschuldige Romanze inmitten kriegerischer Gefechte eines totalitären Regimes – der französische Choreograf mit albanischen Wurzeln präsentiert Shakespeares Klassiker aus einer alternativen Lesart heraus, die seit ihrer Entstehung vor knapp 30 Jahren nichts an Aktualität eingebüßt hat.
Ursprünglich 1990 für das Ballet de l’Opéra de Lyon kreiert und 1996 in der aktuellen Fassung uraufgeführt, gilt Angelin Preljocajs „Roméo et Juliette“ heute als wahres Kultstück und „wundervolle Ode an die Freiheit: Bewegungsfreiheit, Wertefreiheit und individuelle Freiheit“ (Elisabeth Feigneux, Radio Londres). 24 Tänzerinnen und Tänzer führen vor beeindruckender Kulisse zusammen, was bei Preljocaj unausweichlich zusammengehört: klassische Stoffe im zeitgenössischen Gewand, zärtliche Pas de deux neben eindringlichen Gruppenchoreografien, das Kämpfen der Liebe um Überleben im Belagerungszustand. Düstere Sounds des Medienkünstlers Goran Vejvoda ergänzen Sergej Prokofjews Meisterwerk, das vom Tonkünstler-Orchester unter der Leitung von Garrett Keast live zur Aufführung gebracht wird.
Foto: (c) Jean-Claude Carbonne
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WohinTippHQ 28 mins ago