Einen doppelten institutionskritischen Ansatz verfolgt der abschließende Beitrag in der Reihe „Raum D: Digitale Projekte“. „Ohne Titel (Filmsetperformancebühnefilm)“ (2009) ist die ungewöhnliche Diplomarbeit von Christoph Meier, mit welcher der Künstler sowohl die Institution Kunstakademie als auch die Institution Filmbetrieb hinterfragt.
Für seine Diplomprüfung am 08.06.2009 hatte Meier eine umfassende Crew für einen Filmdreh zusammengestellt. Von Dramaturgen und Aufnahmeleitung über Zuständige für Spezialeffekte bis hin zu Setfotograf und Caterer wurden alle Belange eines professionellen Filmshootings berücksichtigt. Ebenso machte Meier beim technischen Equipment keine Abstriche: Neben einer hochwertigen 35mm-Kamera stand etwa ein Dolly für Kamerafahrten zur Verfügung, auch die Tonaufnahmen wurden mit professioneller Technik aufgezeichnet. Zur Verköstigung wurde Fingerfood gereicht.
Mit dem Betreten des Raumes durch die Prüfungskommission setzte auch der Filmdreh ein. Nicht nur die Professorinnen und Professoren, etwa Harun Farocki, Daniel Richter oder Constanze Ruhm, und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden von der Kameralinse erfasst, eine Spiegelwand zeigte auch das Agieren des Filmteams am Set. Die Prüfungskommission war über diesen Dreh vorab nicht informiert, sondern ging, wie üblich, von der Begutachtung bereits fertiggestellter Arbeiten aus. Deren Mitglieder leisteten zwar den knappen Anweisungen der Aufnahmeleitung Folge, ein Gesamtzusammenhang, in welchen diese eingebettet waren, wurde nicht offengelegt.
Ausgerichtet an den Standards hochprofessioneller Filmdrehs, widersetzte sich Meier mit seiner Arbeit aber der üblichen Vorgehensweise indem bei der Aufgabenverteilung am Set im Wesentlichen auf eine Hierarchie verzichtet wurde. So konnten die Mitglieder des Filmteams selbst bestimmen, mit welchen Aktivitäten und mit welchem Input sie sich am Film beteiligen wollten. Durch Mitwirkung an verschiedenen Filmproduktionen hatte Meier dort die oftmals streng hierarchisch organisierten Abläufe selbst erfahren. Ebenso widersetzte er sich mit der Umsetzung des Filmdrehs während der Zeit der Abschlussprüfung an einer Kunstakademie der dort üblichen Vorgehensweise. Seine Prüfung war Filmset, Performance, Bühne und Film zugleich.
Christoph Meier (*1980 in Wien, lebt in Wien) studierte von 2003-2009 an der Akademie der bildenden Künste Wien und 2008 an der Glasgow School of Art. 2005 erhielt er an der Technischen Universität Wien ein Diplom in Architektur. Zu seinen Einzelausstellungen der letzten Jahre zählen „CCOOOO“, Casino Luxembourg (2018), „C O CO“, Kiosk, Ghent (2017) und „C & O“ im Kunstverein in Hamburg (2016). In Gruppenausstellungen war er u.a. beteiligt in „Black Pages“, Salzburger Kunstverein (2018), „Publishing as an Artistic Toolbox“, Kunsthalle Wien (2017) und „Lasting Concept“, Portland Institute for Contemporary Art.
Mit der neuen Reihe „Raum D: Digitale Projekte“ ergänzt das Künstlerhaus als Halle für Kunst & Medien seine Programmatik und bietet den Besucher_innen Einblicke in die Praktiken junger medienkünstlerischer Positionen. Zwar als offenes Format konzipiert, orientieren sich die von Mai bis September 2018 gezeigten Arbeiten vornehmlich an Schlagworten wie Bewegtbild und Digitalität.
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WohinTippHQ 1 hour ago