Der 25-jährige Michael Hansen kehrt 1945 als amerikanischer Offizier in sein Geburtsland zurück und übernimmt einen Geheimdienstauftrag: Er soll herausfinden, welche Rolle ein bedeutender Wissenschaftler im Nazireich gespielt hat. Während regional noch der Krieg tobt, bricht Hansen von Frankfurt nach Bayern auf. In einem Münchner Antiquariat findet er einen frühen Weggefährten des Eugenikers Professor Ploetz, den Dissidenten Wagner. Von ihm lässt er sich die Geschichte einer Freundschaft erzählen, die mitten hinein in die Auseinandersetzung um die beste gesellschaftliche Ordnung führte; Hier ein Sozialismus nach Marx, dort das utopische Projekt der Gemeinde Ikarien, gegründet vom französischen Revolutionär Étienne Cabet. Hansen kommt durch Wagners Lebensbeichte dem faustischen Pakt des Rassenhygienikers Ploetz mit den Nazis auf die Spur und dem ganz anderen Schicksal Wagners. Hansens Reise durch das materiell und moralisch zerstörte Land lässt ihn Zeuge eines die deutsche Geschichte prägenden Aufbruchs werden. Der 2017 erschienene Roman Ikarien erzählt eine gleichermassen erschreckende wie berührende Geschichte von der Suche nach Alternativen zum Bestehenden und nach einem anderen Leben.
Uwe Timm: «Der Erzähler erzählt nicht nur nach, sondern neu und anders, nämlich wie es sein könnte, er erzählt eine andere Wirklichkeit.»
Als einer der wichtigsten Vertreter der 68er-Generation, 1940 in Hamburg geboren und im Nachkriegsdeutschland aufgewachsen, beschäftigt sich Uwe Timm in seinen Werken intensiv mit der Aufarbeitung der Vergangenheit, sei es jene Nazideutschlands (Die Entdeckung der Currywurst, 1993, oder Am Beispiel meines Bruders, 2003, in 17 Sprachen übersetzt) oder die Zeit der 68er-Revolten (Heisser Sommer, 1974, oder Der Freund und der Fremde, 2007). Ebenso verfasste er Kinder- und Jugendbücher (Rennschwein Rudi Rüssel, 1989) und Drehbücher. Timm studierte Philosophie, Germanistik, Soziologie und Volkswirtschaft und ist seit 1971 freier Schriftsteller. Für sein umfangreiches Werk wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter zuletzt 2009 mit dem Heinrich-Böll-Preis, 2012 mit der Carl-Zuckmayer-Medaille und 2018 mit dem Schillerpreis.
In Kooperation mit dem Literaturhaus Liechtenstein.
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WohinTippHQ 1 hour ago