Daniel Gottfried
an der Orgel der Wiener Jesuitenkirche
Charles-Marie Widor: Symphonie romane op. 73
Die zehnte und letzte Symphonie für Orgel von Charles-Marie Widor wurde im Jahr 1900 veröffentlicht und markiert somit in der französisch-symphonischen Orgelmusik nicht nur stilistisch, sondern auch chronologisch den Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert. Das zyklische Thema dieser Symphonie romane ist der österliche gregorianische Hymnus Hæc dies, den der Komponist selbst als „elegante Arabeske, ähnlich einem Vogelgesang“, beschreibt.
Im (von Widor selbst verfassten) Vorwort der Symphonie findet sich eine sehr treffende Beschreibung des ersten Satzes: „Um die Aufmerksamkeit des Hörers auf ein solches Thema zu lenken, ein einziges Mittel: es unaufhörlich zu wiederholen. Dies ist der Grund für diesen ersten Satz der Symphonie romane, in dem, alles dem Thema opfernd, die Durchführung sehr bald abgebrochen wird, um sich dieser ersten Idee zu widmen.“
Im zweiten Satz, der den Titel Choral trägt, kombiniert Widor auf subtile Weise tonale und modale Harmonik. Außerdem bezeugt er seine große Sensibilität in der Auslotung des großen Reichtums an Klangfarben der französisch-symphonischen Orgel.
Der dritte Satz, Cantilène, symbolisiert die Passion. Diese wird durch die herbe Harmonik und die expressive Chromatik der Solostimme, gespielt auf der Clarinette, angedeutet. Hier werden die gregorianischen Themen Agnus redemit oves und Victimæ pascali laudes paraphrasiert.
Im Kontext der gesamten Symphonie romane repräsentiert das Final die Auferstehung. Das Thema Hæc dies erscheint als „unendliche Melodie“ in gleichen Notenwerten. Diese virtuosen Linien führen zu sich ständig überbietenden Höhepunkten - ein würdiger Abschluss dieses Meisterwerks von Widor.
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Kommentare
WohinTippHQ 22 mins ago