Die postum erschienene Prosa „Midas oder Die schwarze Leinwand“ von Friedrich Dürrenmatt hinterfragt unsere Vorstellungen von Wahrheit und Wirklichkeit, um unsere Moral infrage zu stellen: Richard Green, Vorstand einer Investmentgesellschaft mit unlauteren Methoden, wird mit folgendem Vorschlag seines Aufsichtsrats konfrontiert: Um die Firma von Altlasten rein zu waschen, soll Green durch einen inszenierten Selbstmord sterben. Er sucht Hilfe, doch Freunde und Familie wenden sich von ihm ab. Eine Flucht scheint sinnlos. Green entscheidet sich für den Freitod – und zögert im letzten Moment.
Eine objektive Einschätzung der Zusammenhänge des realen Geschehens um den Einzelnen herum kann – nach Dürrenmatt – nie erreicht werden. Darin besteht für die Berliner Filmregisseurin und Videokünstlerin Hannah Dörr, deren Kurzverfilmung „MIDAS oder die schwarze Leinwand“ 2018 erschien, die Aktualität des Stoffs. Realität und Fiktion gehen in Dörrs Film fließend ineinander über. Verantwortlich für die entrückt wirkenden Filmaufnahmen sind Szenenbildern aus zweidimensionalen lebensgroßen Papierdrucken, die sich des künstlerischen Prinzips des Trompe-l’Œils bedienen. Durch gezielte Perspektivwahl, Kamera- und Lichtführung entsteht so für den Betrachter die Illusion eines Raumes, der in der Realität der Narration nicht existiert.
Hannah Dörrs „Bargespräch“ schließt sich an ein Screening von mehreren ihrer filmischen Werke an. Anschließend laden wir Sie auf ein Gläschen Țuică an der Bar von Peles Empire.
Transferprozesse in der Kunst und das Begreifen des Ausstellungsraums als gesellschaftlicher Diskursraum sind zentral für das Konzept der Ausstellung „The Sky Opens Twice“ von Peles Empire. In der Apsis des Künstlerhauses rekonstruiert das Berliner Künstler-Duo deshalb ihre Bar „sculpture“, die 2017 im Rahmen der Skulptur Projekte in Münster erstmals zu sehen war. Hier laden die „Bargespräche“ in sommerlich entspannter Atmosphäre zum gemeinsamen Sprechen über Schaffen, Scheitern und Szene mit lokal und international tätigen Künstlerinnen und Künstlern ein. Das Künstlerhaus wird in diesem Zusammenhang zur Plattform der Auseinandersetzung und Begegnung. Im zwanglosen Werkgespräch mit dem Publikum und dem kuratorischen Team des KM– werden hier künstlerische Techniken, thematische Diskurse um und die Rezeption von Kunst diskutiert.
Hannah Dörr (*1990 Berlin, lebt in Berlin) studierte Experimentelle Videokunst an der Universität der Künste in Berlin und Film an der Kunsthochschule für Medien in Köln. Seit 2014 kuratiert sie die von ihr begründete TheatralFilm-Reihe in Köln. Ihre eigenen Videoarbeiten wurden schon im Schauspiel Stuttgart, der Volksbühne Berlin, im Maxim-Gorki-Theater und im HAU1 in Berlin gezeigt, auch der WDR sowie nationale und internationale Filmfestivals zeigten Dörrs Kurzfilme. Für ihr Werk erhielt sie 2016 den Förderpreis des Landes NRW für junge Künstler_innen im Bereich Film. Ihr Kurzfilm „MIDAS oder die schwarze Leinwand“ (2019) gewann 2019 den Publikumspreis bei den Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen. Dörrs Dokumentarfilm „Erich und Schmitte – Entscheidend ist am Beckenrand" (2018) war für den Grimmepreis nominiert. Außerdem ist Hannah Dörr Geschäftsführerin des Videoproduktionsdienstes ÖFilm, welcher Spiel-, Kinder- und Dokumentarfilme produziert.
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WohinTippHQ 48 mins ago