Buchpräsentation und Gespräch
Table Ronde mit Irini Athanassakis, Bernhard Cella, Ernst Strouhal und Nik Thoenen
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Am Anfang war also die Milch. Denn gleich nach der Geburt benötigen Neugeborene neben Sauerstoff, Wärme und Körperkontakt Milch. Milch galt lange als Materie der Natur, auch als Gabe, und fand Eingang in Mythen und Sagen vieler Kulturen. Sie stellt aber eine Reihe von Fragen zu Beziehungen zwischen Naturen und Kulturen, zu Transspecies-Verhalten, bleibt eng verbunden mit der Geschichte der Frauen und Körperpolitik. Milch, der eigenen oder einer anderen Mutter, anderer Säugetiere (Ziegen, Schafe, Kühe, Kamele, Esel) oder eine Zubereitung aus einer der zahlreichen Infant-Formulae, wird produziert, um gegeben und genommen, eigentlich lustvoll gesaugt zu werden. Obwohl Muttermilch nun vermehrt wieder als optimale Nahrung für Neugeborene gilt, werden weltweit, gemäß aktuellen Studien der WHO, an die 90% der Neugeborenen nicht gestillt. Die Forschung zur Entwicklung gleichwertiger oder sogar besserer Präparate für alle, die nicht stillen möchten oder können, boomt, ebenso die Milchmärkte.
Irini Athanassakis' Arbeiten mit und zu Milch begannen mit einer Serie von Tropfen aus Muttermilch auf Papier, rechts und links, beiläufige helle Flecken auf weißem Papier und entwickelten sich in der Folge zu fragilen, transparenten Mind-maps, mit assoziativen Kommentaren zur Anatomie der Brust, zu den Prozessen und Erfahrungen des Laktierens, den Technologien rund um die Milch und kulturellen Figuren. Sie umschreiben Gedanken zur Mythologie, zur Technologie und zur Ökonomie des Stillens. Irini schreibt die lange Tradition der künstlerischen Arbeiten mit Körperflüssigkeiten in Weiß fort, kopiert und zitiert ohne Zögern Natur-, Sozial- und Kulturwissenschaften und Kunst und bringt diese ohne Kausalität auf milchigen Blättern in räumliche Naheverhältnisse.
Irini Athanassakis lebt und arbeitet in La Marsa, Tunesien, und auf Kea, Griechenland. Sie studierte Bildhauerei, Transmediale Kunst, Europäische Betriebswirtschaft, Wissenstransfer, Kunstgeschichte und Philosophie (Doktorat, Die Aktie als Bild, publiziert bei Springer 2008) in Wien. Seit 2010 beschäftigt sie sich mit Körperflüssigkeiten und -prozessen als möglichen Modellen einer inklusiven Ökonomik (BONDS. Schuld, Schulden und andere Verbindlichkeiten, mit Thomas Macho, 2012/2014); Hg.:„MILK. Gabe, Lust und Verlust“, Passagen 2018). Ihre Arbeiten werden im In- und Ausland gezeigt, 2018 beispielsweise anlässlich der Cairotronica Cairo (Mykovaluta), in The Art Foundation Athen (MILK III: Amaltheia), im IFK (Milch ohne Grenzen) und im AIL Wien (STILLLEBEN mit Kroot Juurak und David Berry in Applied Microperformativity von Lucie Strecker und Klaus Spiess).
Ernst Strouhal, ao. Univ.-Prof. an der Universität für angewandte Kunst Wien; Autor, Publizist, 2011 Staatspreis für Kulturpublizistik. Zuletzt u. a. in Buchform erschienen: Umweg nach Buckow. Bildunterschriften (2009); Im Zoo der imaginären Tiere (2012); Marcel Duchamp / Vitali Halberstadt (2013); Die Welt im Spiel. Atlas der spielbaren Landkarten (2015); Agon und Ares. Der Krieg und die Spiele (Hrsg., 2016). Böse Briefe. Eine Geschichte des Drohens und Erpressens (gem. mit C. Winder, 2017).
Nik Thoenen studierte Graphic Design in der Schweiz. Er ist Mitbegründer der Medien-Kunst-Gruppe re-p.org in Wien und 2007 des Labels Binnenland, für Schrift und Typografie, in Bern. Er lebt und arbeitet in Wien, vorwiegend in den Bereichen Schriftdesign und Buchgestaltung. Er ist seit 2010 Dozent an der Schule für Gestaltung in Bern und Biel. www.binnenland.ch
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WohinTippHQ 1 hour ago