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Der Brauch, während der Fastenzeit in Kirchen und Kapellen Altäre oder den gesamten Altarraum mit Tüchern abzuhängen, reicht mehr als 1000 Jahre zurück. Anfangs waren die Tücher einfarbig, später bemalt oder auch bestickt. Die ältesten erhaltenen Fastentücher aus dem 13. Jahrhundert sind weiße, aus ganz feinen Stoffen fast transparent gewebte Leinentücher, durch die schemenhaft hindurchgeschaut werden konnte. Auch heute noch verdecken während der vierzigtägigen katholischen Passionszeit Tücher traditionell die prunkvollen Altarbilder, damit überdies die Augen „fasten“ können.
Es tut sich auf
Obwohl oft kunstvoll gestaltet, ist das Fastentuch grundsätzlich ein Zeichen für das Einfache, für die Reduktion. So verweist auch Petra Holaseks Fastentuch in seiner in weiten Partien zurückhaltenden Farbigkeit auf die Zeit der Selbstreflexion, auf eine Zeit, in der wir innehalten und uns ohne Ablenkung auf unser Leben besinnen. Holasek geht es in ihrer Arbeit um Verhüllung und Enthüllung gleichermaßen. Die künstlerische Intervention in der Pfarrkirche Krumau am Kamp bringt zum Ausdruck, dass hinter dem Acrylbild der Künstlerin etwas sehr Kostbares verborgen liegt, das zu bestimmten Zeiten und am Ende der Fastenzeit wieder feierlich sichtbar gemacht werden wird: Die Enthüllung als demonstrative Offenbarung des Göttlichen. Holaseks gelungener Kunstgriff ist, dass ihr Bild nicht nur die Funktion eines schützenden und Blicke abwehrenden Tuches übernimmt, sondern die Leinwand liefert de facto das Bild eines Tuches, eines Schleiers oder zweiteiligen Vorhangs, der sich hebt, um einen Blick in die Tiefe zu ermöglichen. Als visueller Störfaktor schärft der sich öffnende Vorhang die Aufmerksamkeit für die dahinterliegende farbintensive Szene. Vielleicht soll das Bild der Künstlerin einen Anstoß geben, über eigene Barrieren, Grenzen und Begrenzungen nachzudenken? Der emporstrebende Vorhang ermöglicht einen freien Blick, das optische Hindernis weicht zugunsten einer Transparenz zurück, die Vertiefungsebenen bereithält.
Der in hellen Farben gemalte Vorhang, der diffus Dahinterliegendes erkennen lässt, wie auch Holaseks Fastentuch als Objekt, entpuppen sich als eine Art Informationsfilter. Das Fastentuch erinnert an eine Membran, die aufgrund ihrer Eigenschaften Trennschichten einerseits, Bereiche des Übergangs von Davor und Dahinter, von Durchlässig und Undurchlässig andererseits beschreibt. Das Fastentuch als ein Dazwischen, als ein inhaltliches Regulativ, das als Mittler auftritt und auf formaler Ebene den Altarbereich neu ordnet. Der aufgehende Vorhang im Bild als geöffnetes Fenster hinaus in die Welt, als Angebot der Malerin an uns Kunstinteressierte, ins Bildgeschehen mental, emotional oder intellektuell einzusteigen. Das Fastentuch in seiner Gesamtheit als introspektiver Blick – als reflektierendes Schauen in uns selbst hinein. Jedes verhüllende Tuch, jeder Schleier und jeder Vorhang werten das Verborgene als Geheimnis oder Kostbarkeit auf. So ermöglicht uns auch Petra Holaseks Fastentuch in einer Zeit der Einkehr und Besinnung eine Form von Freiheit, sich auf das Wesentliche, das jeder Mensch individuell für sich definieren muss, zu fokussieren. Text: Hardwig Knack
Pfarrkirche Altpölla, 3593 Altpölla +++ Aschermittwoch, 14. Februar – Gründonnerstag, 28. März 2024 +++ Zu sehen von Montag bis Sonntag von 8 bis 12 Uhr, während der Heiligen Messe und nach telefonischer Vereinbarung M +43 664 159 78 21.
dieHolasek, Es tut sich auf, 2023, Acryl auf Leinwand, 300 x 400 cm, Fastentuch für die Pfarrkirche von Altpölla, Foto: phg@vienna.at
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WohinTippHQ 2 hours ago