Schottland, vor langer Zeit. Der Krieg ist vorbei. Macbeth und sein Freund Banquo kehren vom Schlachtfeld zurück. Sie haben gewonnen, sind voller Adrenalin, ihre Schwerter feucht noch vom Blut. Von überall hallt der Name Macbeth wider, schwirrt die Luft vor Geschichten, wie leicht ihm das Morden fiel. Macbeth dem Helden, Killer im Dienst vom König und Vaterland, fällt eine grosse Zukunft anheim. Seltsame Kreaturen sagen ihm das Königtum voraus. Was dafür benötigt wird, sind Handlungen, die im Blut baden. Macbeth soll nur auf den Blutdurst hören, der in ihm wohnt. Von seiner Frau ermutigt, mordet er sich seinen Weg zur absoluten Macht frei: zuerst den König, dann seine besten Freunde, dann ihre Familien inklusive ihrer Kinder. Die Voraussage der Hexen scheint erfüllt, zumindest teilweise. Die Freude der absoluten Macht aber fehlt. Macbeth und seine Lady werden von Schuldgefühlen und Reue verzehrt. Unabwendbar wird auch der zweite Teil der Voraussage sich erfüllen, wie unwahrscheinlich auch dessen Voraussetzungen sind. Von Freund und Feind verlassen, bleibt Macbeth nur eine Befreiung - die von sich selbst.
Macbeth ist Shakespeares kürzeste Tragödie. Das zwischen 1603 und 1607 geschriebene Werk basiert teilweise auf der wahren Geschichte des schottischen Königs Macbeth (1005-1057), der 1040 den Thron bestieg, indem er König Duncan I. tötete. Obwohl seine Taten uns als unvorstellbar und unmenschlich erscheinen, gibt es das unbehagliche Gefühl, Macbeth sei nicht nur Monster. Auch wenn er in Blut badet, denkt Macbeth über seine Menschlichkeit nach, betrachtet seine Handlungen als Ausdruck eines grösseren Gedankens: ein schwarzer Gedanke zwar, aber ein Gedanke. Er erinnert uns daran, dass der Mensch ein reflektierendes Tier ist. Macbeth ist der Mensch, der wir sein könnten, wenn jemand bei uns die falschen Knöpfe drückt. Schaudernd vor Macbeths Verbrechen, schaudern wir vor uns selbst.
Jens Harzer ist einer der ganz grossen Schauspieler in Deutschland. 2019 wurde Harzer mit dem bedeutendsten Preis des deutschsprachigen Theaters, dem Iffland-Ring, ausgezeichnet. Er wurde ihm durch die testamentarische Verfügung des vormaligen Trägers Bruno Ganz nach dessen Tod übergeben. Der Kritiker Simon Strauß schrieb in der FAZ über ihn: «Wer ihn noch nicht auf der Bühne gesehen hat, der hat bisher das Beste verpasst, was das deutsche Schauspiel im Moment zu bieten hat.» Das Schauspielhaus Bochum wurde 2022 ausgezeichnet als «Theater des Jahres».
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WohinTippHQ 1 hour ago